„Hat die sonst nichts?“

Gespräch mit Katharina Müller-Lenz, der Designerin des Kleinen Blauen

Das kleine Blaue ist eine Sonderanfertigung. Ich hatte bestimmte Vorstellungen, wie ein Kleid aussehen müsste, in dem ich es ein Jahr aushalten könnte: leicht, robust, auf jeden Fall aus einer Technofaser. Dank des Hinweises einer Freundin bin ich auf Katharina Müller-Lenz gestoßen, die seit 18 Jahren ein eigenes Label in Hamburg hat: Katharina Hovman. Und offensichtlich genug Humor, um auch seltsame Anfragen ernst zu nehmen.

Was war deine erste Reaktion auf die Idee, ein Kleid zu entwickeln, das ein Jahr lang getragen wird?
Ich fand das Projekt gleich gut – und dachte auch sofort, ich bin genau die Richtige dafür (lacht). Ich hatte allerdings Sorge, das könnte auf was Kompliziertes hinauslaufen – irgendwelche mit Klettband angesetzten Teile oder dass man die Länge mit Reißverschlüssen verändert – das war meine Horrorvorstellung. Wenn etwas zu verwandelbar ist, wird es schnell angestrengt.

Stattdessen…
…stattdessen muss es bei so einem Projekt viel mehr in Richtung Lieblingsteil gehen. Ich habe Kunden, die uralte Teile von mir haben und immer noch lieben. Ich habe selber Lieblingsstücke, von denen ich denke, die könnte ich jeden Tag tragen. Bei einem bestimmten Kleid muss ich mich fast zwingen, es im Sommer nicht täglich anzuziehen.

Wie wird ein Kleidungsstück zu einem Lieblingsteil?
Es muss sich anfühlen wie eine zweite Haut. Stoff zum Wohlfühlen, eine neutrale Farbe. Rot zum Beispiel erträgt man nicht immer.

Was macht ein Kleid dafür so ideal?
Man muss sich darum nicht viele Gedanken machen. Man zieht es über, schwupp, und kann los.

Angefangen haben wir mit dem Material…
Eine hochentwickelte Sportswear-Qualität aus Frankreich. Der Stoff besteht aus 88 Prozent Polyamid und 12 Prozent Elasthan, ist also sehr stretchig und ziemlich unverwüstlich. Das bedeutet: superbequem, geringer Pflegeaufwand, man schwitzt nicht, er kühlt sogar bei Wärme. Und man muss nicht bügeln.

Und der Schnitt?
Du kamst ja mit dem Wunsch, dass das Kleid vorne aufknöpfbar sein sollte, damit man es auch über anderen Sachen tragen kann. Mir war vor allem wichtig, dass es nicht so angestrengt daherkommt und auch nicht die Hauptrolle spielt, sondern sich deinen Stimmungen anpasst.

Das Auffälligste ist ja der Kragen, mit dem man einiges machen kann.
Ja. Den kann man knoten, offen tragen oder mit einer Nadel asymmetisch tragen. Damit kriegt man sogar ein Abenddekolleté hin. Ohne dieses Detail wäre das Kleid wie ein Kittel, das wäre schnell langweilig.

Was erwartest du von diesem Jahr?
Ich freue mich vor allem auf die Reaktionen der Leute. Die werden bestimmt ins Rätseln kommen: Wieso trägt die nur ein Kleid? Hat die sonst nichts? Ist sie exzentrisch? Allergikerin? Und dann bin ich gespannt, was mit dem Kleid nach dem Jahr passiert. Wirst du es in die Ecke feuern und sagen: nie wieder? Oder es vielleicht doch noch gelegentlich mal aus dem Schrank holen?

www.hovman.de